Wer braucht Große Zeiten? Wieviel habe ich eigentlich mitzureden? Wie leicht mache ich es mir und der Bullshit-Ökonomie? Für wen machen wir das? Eine Verkleinerung.
Kanonen und Eisberge
Wenn von einer Großen Zeit die Rede ist, dann ist es ratsam, sich schleunigst in Sicherheit zu bringen. Große Zeiten, das heißt, laute Machthaberer und Wirtschaftsführer, große Worte und letztlich und erwartbar: große Kanonen. Sieht so aus, als ob wir auf direktem Weg in solch eine große Zeit hineinsteuern oder uns – so genau zeigt sich das immer erst hinterher – schon mitten in einer solchen befinden.
Vor der schieren Größe von Konzernkonglomeraten, Wirtschaftspleiten, verlorengegangenen Eisbergen und der Gasabrechnung ließe sich einerseits kapitulieren. Andererseits können wir einen genauen Blick auf ein paar sexy-minimalistische Strategien werfen, die uns helfen, entspannt durchs Leben zu gehen.
Walkabout mit Minipack
Minimalismus, das klingt nach dem Zeug für die ganz armen Leute. Nach: ich will, aber kann nicht. Nach Schnorrertum. Schlechte Lobby, mieses Image. Kann sein. Muss aber nicht. Weil zum Beispiel dem gegenüber die sehr populäre Jagd nach dem Kleinsten, Leichtesten steht. Stell dir einfach vor, du würdest einen Walkabout planen, einen, wie’s in Australien heißt, Aufbruch mit unbekanntem Ziel und unbekannter Dauer. Was nimmst du mit? Sieh dich einmal bei den Outdoor-Ausrüstern um. Da findest du den leichtesten faltbaren Kocher aus Titan, die leichteste Regenjacke und getrocknete Expeditionsnahrung im Minipack. Riesig ist da nur der Preis.
Was jetzt? Haben die Backpacker alle eine Wette verloren? Nein, sie sind darauf angewiesen, mit minimiertem, also leichtem Gepäck zu reisen, wo jedes Trumm so gut wie möglich seinen Zweck erfüllt und jedes vermeidbare Gramm ein Gramm zu viel ist, das keiner mitschleppen möchte. Im Übrigen hättest du für den Transport der Technologie, die dein Smartphone an Bord hat, noch vor ein paar Jahrzehnten einen Sattelschlepper gebraucht. Sicher, small ain’t always beautiful. Aber oft genug doch. Wenn du ein Taschenmesser brauchst, also ein Schneidewerkzeug: wozu kaufst du dann einen Leatherman mit siebenundzwanzig Funktionen, von denen du die meisten niemals entdecken, geschweige denn benötigen wirst? Du siehst also, dass die Entscheidung, wieviel vom großen Konsumkuchen du dir abschneidest, oft genug wortwörtlich in deiner Hand liegt.
Bullshit-Ökonomie
Jetzt weiß ich nicht mehr so genau, wo ich das Folgende aufgeschnappt habe, muss also beschämt die Quellenangabe schuldig bleiben: „Wir könnten mehr produzieren. Oder weniger wollen.“ Wer weiß, woher’s kommt: bitte gerne unten in den Kommentaren posten, Danke im Voraus! Bullshit-Ökonomie, das meint in dem Fall eine produzierende Wirtschaft.

Eine Wirtschaft, die sehr begrenzte Ressourcen wie Erdöl und seltene Erden dafür verwendet, Dinge herzustellen, mit denen unser Leben exakt so verlaufen würde wie ohne sie.Wenn du dich in deiner Wohnung umsiehst, wirst du wahrscheinlich einige dieser Dinge entdecken. Küchenschubladen und Kleiderkasten, zwei heiße Tipps. Sachen zu behalten, die Bullshit sind, also keinen bis geringen Gebrauchswert besitzen, ist sinnlos. Sie wegzuwerfen, ist befreiend. Sie erst gar nicht kaufen zu wollen, das ist angewandte Suffizienz. Was für dein Leben einen Gebrauchswert besitzt, kann im Übrigen nur eine einzige Person auf dieser Welt bestimmen. Du selbst. Womit wir zu einer der großen Fragen kommen.
Für wen machst du das?
Die wahrscheinlich wichtigste Frage, wenn es sich um Minimalismus im Konsum dreht, ist die: Für wen machst du das? Für wen kaufst du Dinge, was willst du damit ermöglichen oder verbessern? Und wen willst du damit beeindrucken? Es gibt eine simple Methode, dein Konsumverhalten ausschließlich an einem einfach argumentierbaren Nutzen auszurichten. Stell dir doch vor jeder Kaufentscheidung folgende Frage: Für wen mache ich das? Versteh mich richtig – es geht mir nicht darum, nur nach Vernunft zu konsumieren. Das wäre wahrscheinlich ein todlangweiliges Leben ohne Lustgewinn. Nebstbei bin ich der Letzte, der dazu berufen wäre, einen auf Sparta zu machen. Weil ich finde, dass gezieltes Handeln nach dem Lustprinzip einen großen Teil unseres Menschseins ausmacht, sozusagen ein Generator von Lebensfreude.
Ja, ich weiß schon. Das Wort gezieltes Handeln ist ein bissl das Haar in der Suppe. Das soll es auch sein. Weil ich denke, dass Lebensfreude und Suffizienz ganz gut unter einen Hut zu bringen sind. Suffizienz, das heißt in dem Fall, dass ich kurz einmal innehalte, bevor ich den konsumistischen Verlockungen unserer bunten Warenwelt nachgebe. Dass ich die Frage beantworte, für wen ich was auch immer kaufe. Dass ich eine Ahnung davon habe, wie massiv der voraussichtliche Gewinn für mich, für andere, für meine Umwelt ist. Und Lebensfreude, das heißt, dass ich meine Geldbörse zücke und mich möglichst jeden Tag an dem erfreue, was ich gekauft habe.
Wieviel das sein sollte? Gerade so viel wie nötig. Das reicht.
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